Im Marketing hat sich in den vergangenen Jahren ein mehr oder weniger offener Glaubenskrieg zwischen den Vertretern von Brand Building und Demand Generation entwickelt. Dabei diskutieren Marketer darüber, ob der Fokus auf der Pflege der Marke oder auf der Maximierung kurzfristiger Abverkäufe liegen sollte. Doch der Aufstieg des Demand Marketing – angetrieben durch neue technologische Möglichkeiten eine bisher unvorstellbare Fülle vorher nicht verfügbarer Daten zu nutzen und ein sich in der Folge veränderndes Kundenverhalten – droht die kontinuierliche Pflege von Marken in den Hintergrund zu drängen. Die Frage lautet: Ist das richtig? Bzw. ist es nicht an der Zeit, dass beide Strategien zu einem einzigen, kohärenten Ansatz verschmelzen?
Der Aufstieg des Demand Marketing
Demand Marketing, mit seinem präzisen Fokus auf Lead Generation und messbare Conversions, erfreute sich im letzten Jahrzehnt wachsender Beliebtheit. Durch digitale Tools wie Programmatic Advertising, Re-Targeting und Marketing-Automation können Unternehmen dabei die Kaufbereitschaft von Kunden mit bisher unerreichter Genauigkeit verfolgen und darauf reagieren. Jede Suche, jeder Klick oder jeder Abbruch im Kaufprozess kann eine Reihe personalisierter Nudges auslösen, die darauf abzielen, Interessenten in zahlende Kunden zu verwandeln.
Die Attraktivität des Demand Marketing liegt dabei auf der Hand: direkte Ergebnisse. In einer Zeit knapper werdender Budgets und hoher Verantwortung ist es für CMOs und Marketers verlockend, Strategien zu bevorzugen, die klare ROI Ergebnisse liefern. Warum Millionen in eine vage Brand-Building Kampagne investieren, wenn dasselbe Budget für hochgradig zielgerichtete Anzeigen ausgegeben werden kann, die sofort den Umsatz steigern?
Doch dieser kompromisslose Fokus auf kurzfristige Erfolge hat auch eine Schattenseite.
Die Gefahr, das Brand Building zu vernachlässigen
Denn auch heute bleibt der Markenaufbau – also der langfristige Prozess, eine emotionale Bindung zum Kunden aufzubauen – ein Eckpfeiler nachhaltigen Wachstums. Eine starke Marke schafft Loyalität, rechtfertigt ein Preis-Premium und schafft Widerstandsfähigkeit gegenüber Störungen im Markt. Doch wenn Organisationen sich zu stark auf Demand Marketing konzentrieren, kann ihre Brand Equity darunter leiden.
Ohne eine robuste Marke werden Demand Marketing Strategien mit der Zeit teurer und weniger effektiv. Kunden, die keine tiefere emotionale Verbindung zur Marke haben, lassen sich leichter von Wettbewerbern mit besseren Rabatten oder schnellerer Lieferung abwerben. Steigende Cost-per-Click-Raten und Zielgruppenermüdung zwingen Demand Marketers in einen endlosen Kreislauf neue Leads zu identifizieren, anstatt nachhaltige Kundenbeziehungen aufzubauen.
Warum Brand und Demand zusammenarbeiten müssen
Die Trennung zwischen Brand und Demand ist nicht nur künstlich, sondern auch kontraproduktiv. Tatsächlich sind beide eng miteinander verbunden und müssen im Einklang agieren, um langfristigen Erfolg zu sichern. Dafür gibt es drei wesentliche Gründe:
- Konsumenten unterscheiden nicht zwischen Brand und Demand
Konsumenten erleben eine Marke ganzheitlich. Jeder Touchpoint – sei es eine Anzeige zur Markenbekanntheit oder ein Re-Targeting Coupon – trägt zur Gesamtwahrnehmung des Unternehmens bei. Eine schlecht ausgeführte Demand Campaign kann den Ruf der Marke schädigen, während eine starke Marke Demand Strategien erheblich effektiver macht. - Die Customer Journey ist nicht mehr linear
Der traditionelle Marketing Funnel hat sich in ein komplexes Netzwerk von Touchpoints verwandelt, in dem Konsumenten unvorhersehbar zwischen Awareness-, Consideration- und Decision-Making-Phasen wechseln. Deshalb ist es essenziell, dass Brand- und Demand Teams zusammenarbeiten, um eine konsistente Messaging- und Experience Strategie über alle Phasen hinweg zu gewährleisten. - Die besten Demand Kampagnen basieren auf starken Brands
Selbst die ausgefeiltesten Demand Kampagnen geraten ins Stocken, wenn sie nicht auf einer starken Marke aufbauen. Eine einprägsame Brand Identity schafft Vertrautheit und Vertrauen – was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Konsumenten auf bedarfsorientierte Botschaften reagieren.
Brücken bauen
Um den scheinbaren Widerspruch zwischen Brand und Demand zu überbrücken, müssen Unternehmen eine integrierte Strategie entwickeln, die die Stärken beider Ansätze nutzt und nach Möglichkeit vereint. Hier sind einige praxisnahe Maßnahmen:
- Gemeinsame Ziele festlegen: Hierfür gilt es vor allem bestehende Silos aufzubrechen, indem Brand- und Demand Teams gemeinsame KPIs definieren. Beispielsweise sollte neben der Lead Generation auch die Brand Awareness gemessen werden, um zu verstehen, wie sich beide gegenseitig beeinflussen.
- Technologie sinnvoll nutzen: Hier gilt es in die richtigen Marketing Technologien zu investieren, um eine nahtlose Customer Journey zu ermöglichen. Tools wie Customer Data Platforms (CDPs) können helfen, Brand- und Demand Strategien zu vereinen, indem sie eine 360°-Perspektive der Kunden bieten.
- Storytelling in Demand Kampagnen priorisieren: Hier geht es darum Demand Marketing mit Storytelling Elementen zu verknüpfen, die die Markenidentität klar vermitteln und widerspiegeln. So zahlt jede Maßnahme gleichzeitig auf die langfristige Brand Equity ein.
- Budgets in Einklang bringen: Hier geht es darum, der Versuchung zu widerstehen, das gesamte Budget in Demand Kampagnen zu investieren. Ein gesundes Marketing Budget sollte sowohl in Brand Building Initiativen als auch in leistungsorientierte Demand Maßnahmen fließen.
- Full-Funnel Marketing Strategien nutzen: Hierbei gilt es über unmittelbare Conversions hinauszudenken und dafür Kampagnen zuentwickeln, die alle Phasen der Buyer’s Journey abdecken – von Awareness bis Loyalty.
Die Zukunft des Marketings: Ganzheitliche Strategien
Der Aufstieg des Demand Marketing bedeutet nicht das Ende des Brand Building – vielmehr unterstreicht er die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes. In einem wettbewerbsintensiven und fragmentierten Markt werden jene Marken erfolgreich sein, die die richtige Balance zwischen kurzfristigen Ergebnissen und langfristigem Wachstum finden.
Indem Unternehmen die Präzision des Demand Marketing mit der emotionalen Kraft des Brand Storytelling verbinden, können sie eine Marketing Strategie entwickeln, die nicht nur Kunden zum Kauf anregt, sondern sie auch inspiriert, an die Marke zu glauben.
Die Zukunft des Marketing ist also nicht Brand vs. Demand – sondern Brand & Demand, die gemeinsam an jedem Touchpoint Wert schaffen.